Egal ob Schule, Studium oder später im Job: Präsentationen und Vorträge sind an der Tagesordnung. Schlechtes Zeichen, für all diejenigen, denen das öffentliche Reden und sprechen vor einer Menschenmenge schwer fällt. Lampenfieber und Präsentationsangst sollten dabei nicht unterschätzt werden, von Person zu Person können hierbei nämlich unterschiedlichste Symptome auftreten, die es zu bewältigen gilt. In diesem Beitrag haben wir das ganze Thema etwas genauer unter die Lupe genommen und geben einige Hilfen sowie Tipps gegen die Angst vor Präsentationen.
Präsentationsangst ist normal
Zittern, Schwitzen, Beine aus Gummi und die Stimme versagt: Wenn es darum geht, eine Präsentation zu halten oder vor einer großen Menschenmenge zu sprechen, sind viele Personen mit diesen Symptomen mehr als nur vertraut. Unser Körper greift in solchen Momenten auf die „Kampf-oder-Flucht-Reaktion“ unseres Gehirns zurück, welches unseren Körper dazu veranlasst, Adrenalin freizusetzen. Dieser Adrenalinschub sorgt wiederum für eine erhöhte Atemfrequenz, einen gesteigerten Muskeltonus und hohen Puls.
An sich meint es der Körper dabei eigentlich gut mit uns: Adrenalin sorgt für eine gesteigerte Konzentration, Aufnahmefähigkeit und Aufmerksamkeit. Leichte Nervosität und Anpassung bringt uns im Regelfall zu Bestleistungen. Nichts anderes passiert bei der Präsentationsangst, da man hier ja im Mittelpunkt steht und eigentlich etwas „abliefern“ sollte.
Die Präsentationsangst hat allerdings verschiedene Ausprägungen, die sich von Person zu Person stark unterscheiden können. Somit sollte auch auf die Behandlung dieser Symptome individuell eingegangen werden.
Wenn die Angst vor Vorträgen zum Problem wird…
Und genau hier unterscheidet sich die „leichte Nervosität und Anspannung“ von „Nächtelang nicht schlafen können und Panikattacken“. Wer wirklich Präsentationsangst hat und nach Problemlösungen googelt, hat auch meist heftigere Symptome und reagiert mit Angst, Panik und Isolation. Zum Problem wird es, wenn man beispielsweise im Unterricht lieber eine schlechte Note kassiert, als einen Vortrag halten zu müssen oder wenn die Anspannung so extrem wird, dass man bereits tagelang vor Präsentationsbeginn nicht schlafen kann, Bauchschmerzen hat oder nichts mehr isst.
Das hat dann auch nichts mehr mit normalen „Lampenfieber“ zu tun, sondern sollte längerfristig behandelt und von der betroffenen Person beobachtet werden. Langfristig empfiehlt sich auch der Gang zu einem Therapeuten, der mit dir an verschiedenen Techniken zur Verbesserung deiner Ängste arbeiten kann. Das ist mittlerweile Gang und Gäbe und wird ebenso auch von vielen professionellen Stars und Sternchen in Anspruch genommen. Nicht also etwas, für das man sich schämen müsste, im Gegenteil: Es zeugt von Mut und Stärke, seine Probleme zu fokussieren und gegen diese angehen zu wollen! Das aber mal nur am Rande.
Präsentationsangst: Was nicht hilft
Man kann sie nicht mehr hören: Die ganzen sinnlosen Tipps von Personen aus dem Umfeld, wenn das Thema Präsentationsangst die Runde macht. „Stell dir die Leute einfach nackt vor!“ oder „Schau denen einfach nicht in die Augen!“. Das mag eventuell helfen, wenn man noch darüber lachen kann und leichtes Lampenfieber hat. Nicht aber, wenn man unter einer ausgeprägten Präsentationsangst leidet. Nicht hilfreich sind also die ganzen Floskeln und Sätze, die immer so dahingesagt werden.
Wichtig ist, die Präsentationsangst als das anzunehmen, was sie ist, diese ernst zu nehmen und konsequent dagegen vorgehen zu wollen. Wenn man sich darauf konzentriert und sich das als Ziel setzt, können die nachfolgenden Tipps und Methoden hilfreiche Stützen bei der Bewältigung der Vortragsangst sein.
Wenn es hart auf hart kommt…
Bevor es mit unseren Tipps losgeht, noch ein wichtiger Hinweis: Präsentationsangst ist immer als ein Komplex zu beachten, der je nach Person unterschiedlich ausgeprägt ist und aus verschiedenen Facetten besteht. Die Thematik sollte stets ganzheitlich betrachtet werden und die hier genannten Tipps sind dazu da, um sich gegenseitig zu ergänzen und um das gesamte Thema aus verschiedenen Seiten greifbarer zu machen und zu entwirren. Der Kampf gegen eine ausgeprägte Präsentationsangst ist nicht durch ein einzelnes „Zaubermittel“ oder durch den „einen hilfreichen Tipp“ wie verschwunden, sondern ein Prozess, der durchlebt werden muss.
Wer sich darüber im klaren ist und sich, seinem Kopf und seinem Körper etwas Zeit dafür gibt, sieht die Sache meistens schon aus einem ganz anderen Blickwinkel. Trotzdem: Sollte die Angst so übermäßig gesteigert sein, dass dadurch dein Alltagsleben beeinträchtigt wird, spreche mit den Verantwortlichen und suche dir Hilfe. Sage klar und deutlich, dass du große Probleme hast und aktuell nicht dazu in der Lage bist, eine Präsentation zu halten. Keiner kann dich zu irgendetwas zwingen – und das verfehlt auch deutlich den Sinn und Zweck einer Präsentation, die unter Angstzuständen durchlebt werden muss.
Präsentationsangst: 10 hilfreiche Tipps und Methoden
1. Illusion of Transparency
Einen Ansatz, von dem ich selbst gerne schon früher gewusst hätte, ist die sogenannte „Illusion of Transparency“ oder auf deutsch: Die Illusion unserer Transparenz. Stehen wir vor einem Publikum und haben schwitzige Hände, eine zitternde Stimme und wackelige Beine, gehen wir immer automatisch davon aus, dass jeder im Publikum sieht, was wir sehen, hört, was wir hören und fühlt, was wir fühlen.
Schon mal daran gedacht, dass das überhaupt nicht der Fall ist und man dir weder deine Angst ansieht, noch dass das Publikum deine Gedanken lesen kann? Gute Neuigkeiten: Können sie auch nicht. Keiner im Publikum weiß eins zu eins, wie du dich fühlst, was du denkst und wie es dir gerade geht. Die meisten unserer negativen Gedanken, Glaubenssätze und Katastrophenszenarien entstehen in unseren Gedanken, welche vieles können aber in einer Sache total schlecht sind: Die Realität abzubilden.
2. Guter Einstieg, erste Sätze
„Ich heiße nicht nur Florian, sondern euch auch herzlich Willkommen zu meiner Präsentation.“ – Spaß beiseite, trotzdem sind ein guter Einstieg und die ersten Sätze oft ein gutes Hilfsmittel um etwas gelassener in einen Vortrag zu starten. Je weniger künstlich aufgesetzt, desto besser. Einen lockeren Spruch oder auch der Hinweis darauf, dass du aktuell schon ein bisschen nervös bist, können die Gesamtsituation auflockern und dir etwas Nervosität nehmen.
3. Auf Einzelpersonen konzentrieren
Ein häufiges Problem ist, dass wir das Publikum immer als großes Gesamtkollektiv wahrnehmen, dass ja anscheinend nur darauf wartet uns zu verurteilen und auszulachen. So zumindest die Gedanken einer Person mit Präsentationsangst. Sind wir aber mal ehrlich: 20% der Leute hören dir womöglich gar nicht zu und haben gar keinen Bock drauf, 20% sind verkatert oder todmüde und weitere 20% haben ihre ganz eigenen Probleme im Kopf, an die sie während deiner Präsentation wohl ständig denken müssen.
Nur weil du die einzige Person bist, die gerade etwas vorträgt, heißt das nicht, dass dir auch aufmerksam zugehört wird. Für Personen mit Präsentationsangst ist das keine Respektlosigkeit, sondern eher eine Erleichterung.
Konzentriere dich beim sprechen also am besten auf 2-4 Personen, die du während der Präsentation direkt ansprichst. Das nimmt dir den Druck raus. Kleiner Pro-Tipp am Rande: Du musst den Leuten nicht einmal direkt in die Augen schauen, sondern kannst auch auf deren Nasenspitze gucken. Das merkt so gut wie keiner und du kannst dadurch direkten Augenkontakt vermeiden.
4. Die schlimmstmögliche Situation
Im Buch „Sorge dich nicht – Lebe!“ des bekannten Motivationstrainers Dale Carnegie wird folgende Methode vorgestellt: Stelle dir die schlimmste vor, die passieren könnte. Unterziehe dann diese Situation einem Realitätscheck, bzw. der wirklichen Wahrscheinlichkeit, dass diese genauso auftritt.
Was könnte als passieren, wenn wir uns zwecks Präsentationsangst die schlimmstmögliche Situation ausmalen?
- Den Leuten könnte die Angst auffallen
- Die Leute machen sich über mich lustig
- Ich bekomme den Vortrag nicht fertig
- Ich werde ausgelacht
- Ich bekomme eine schlechte Note/ein schlechtes Image
- Ich werde mich Wochen später noch dafür schämen
So oder so ähnlich. Und selbst wenn genau das jetzt passieren würde: Du wirst nicht sterben, du wirst wegen einer schlechten Note nicht die Schule verlassen oder das Studium beenden müssen oder auf Arbeit kündigen müssen und selbst wenn deine Angst auffallen sollte – wieso sollten dich die anderen Leute dafür verurteilen? Eine schlechte Präsentation bleibt höchstens dir noch lange im Gedächtnis, den anderen vielleicht ein paar Stunden, aber dann geht diese Situation auch schon wieder im Alltag verloren.
Sehe es doch mal so: Die Leute haben andere Probleme als deinen Vortrag.
Und zur Not: Die beste Ausrede für Zittern, Schwitzen oder Auffälligkeiten während der Präsentation sind immer „Kreislaufprobleme„. Sollten deine Symptome sehr ausgeprägt sein oder willst du aus einer unangenehmen Situation entfliehen, schieb es auf die Gesundheit. Könnte ja am Wetter oder am schlechten Schlaf in der Nacht liegen. Das kannst du übrigens auch bereits VOR der Präsentation sagen, um die Situation aufzulockern. Damit bist du dann quasi schon für alle Unannehmlichkeiten entschuldigt und niemand kann dir das Übel nehmen.
5. Du gibst den anderen etwas
Je nach Thema deines Vortrages hilft es womöglich auch, daran zu denken, dass du den anderen mit deiner Präsentation ja auch etwas hilfreiches mit an die Hand gibst. Gerade wenn du Experte in einem bestimmten Thema bist, solltest du den Vortrag vielleicht gar nicht als bloße „Präsentation“ einordnen und lieber daran denken, dass die anderen hier deine Hilfe brauchen und sich von dir inspirieren lassen wollen.
6. Körpersprache, Mimik und Gestik
Übe – auch abseits deiner Präsentation – an deiner Körpersprache sowie an deiner Mimik und Gestik. Wer beispielsweise viel mit den Händen gestikuliert, wirkt automatisch sicherer und selbstbewusster. Du kannst auch deinen Vortrag daheim vor dem Spiegel üben und dabei mal konsequent auf deine Hände achten. Baue Körpersprache gezielt in deinen Alltag mit ein und nutze diese auch in Situationen, in denen du dich unsicher fühlst. Dadurch strahlst du nämlich erst Recht Sicherheit aus. Auch wenn es in deinem Kopf gerade anders aussehen sollte, hilft dir eine betonte Körpersprache dabei, längerfristig selbstbewusst zu wirken.
7. Atem- und Entspannungsübungen
Gezielte Atemübungen sowohl vor als auch während der Präsentation können dir dabei helfen, die Nervosität zu mindern. Wer beispielsweise tiefer in den Bauch atmet und dabei kontrolliert mehrere Sekunden ein- und auch wieder ausatmet, trickst seinen Körper aus. Die Aufregung wird hauptsächlich von der eigenen Atmung gesteuert. Ist diese kontrolliert und ruhiger, passt sich auch der Körper daran an und kann die entsprechenden „Kampf oder Flucht“-Symptome gar nicht erst entwickeln, bzw. entsprechendes Adrenalin ausschütten.
Beispielsweise kann auch die vielzitierte zittrige Stimme erst dann entstehen, wenn man zu wenig Luft bekommt. Das folgende Video gibt dazu einige Tipps:
8. Offen mit deiner Angst umgehen
Angriff ist manchmal die beste Verteidigung: Gehe offen mit deiner Angst um. Sage deinem Lehrer, deinem Vorgesetzten oder den anderen Personen, dass du schon immer etwas Probleme mit dieser Situation hattest und man es dir bitte nachsehen soll. Niemand wird dich dafür verurteilen und eventuelle Fehler oder Unstimmigkeiten während des Vortrags sind damit schneller erklärt.
Außerdem gilt: Keiner macht alles perfekt. Und auch deine Präsentation muss alles andere als perfekt sein. Perfektionismus ist alles andere als realistisch und ergibt im Alltag so gut wie nie Sinn – nicht umsonst wird in Sachen Produktivität oftmals die 80/20-Regel als Leitfaden herangezogen. Und selbst wenn der Vortrag nur 50/50 sein sollte, reißt dir keiner für irgendetwas den Kopf ab.
9. Die kleinen Dinge im Alltag
Die Angst vor Präsentationen ist meistens in fehlendem Selbstbewusstsein begründet. Das ist an sich ja nichts schlimmes, Menschen und Verhaltensweisen sind bekanntlich verschieden und das ist auch gut so. Wer aber langfristig etwas gegen die Präsentationsangst tun will, sollte sich deswegen auch im Alltag immer kleinen Herausforderungen stellen, die etwas Selbstbewusstsein benötigen. Von Person zu Person gibt es auch hier unterschiedliche Hürden, die bewältigt werden können.
Von „Mitarbeiter im Supermarkt ansprechen“ bis zu „fremde Menschen in der Stadt nach Ortsangaben fragen“ kann dabei alles weiterhelfen, was Kommunikation und den ersten Schritt von einem verlangt. Langfristig hilft das einem auch bei Präsentationen weiter, weil einem die Meinungen der anderen Schritt für Schritt egaler werden bzw. Konfrontationen, Augenkontakt und direkte Ansprache zur Gewohnheit werden.
Auch bei den kleinen Dingen im Alltag, sollte stets die „Illusion of Transparency“ aus Punkt 1 bedacht werden. Vor allem fremde Leute auf der Straße haben keinen blassen Schimmer davon wer du bist, wie es dir geht und wie du dich jetzt gerade fühlst. Langfristig stärken die kleinen Konfrontationen im Alltag auch definitiv deine Skills in Sachen „sich selbst präsentieren„.
10. Selbstbewusstsein langfristig stärken
Wichtigster Punkt: Am Ball bleiben und alle Tipps miteinander kombinieren. Wenn du langfristig etwas gegen deine Ängste machen willst, musst du aus deiner Komfortzone raus und immer wieder – zumindest kleine – Herausforderungen und Challenges suchen, die dich fordern. Nur das bringt dich weiter und lässt dich an deiner inneren Einstellung arbeiten. Es müssen nicht immer die großen Würfe sein, allein dass du dir einen Artikel über Präsentationsangst durchliest, ist schon mal ein guter Anfang und ein Schritt in die richtige Richtung.
Schreibe dir also am besten auf, was dir gut tut, welche Tipps für dich am meisten Sinn ergeben und wie du diese auch in kleinen Situationen abseits von Vorträgen und Präsentationen, gezielt umsetzen kannst.
Auch das nachfolgende Video kann dir dabei weiterhelfen, deine Präsentationsangst in den Griff zu bekommen:
Fazit
Präsentationsangst ist sehr vielfältig und prägt sich bei verschiedenen Personen auch unterschiedlich aus. Sollten die Symptome Überhand nehmen, sollten gezielte Maßnahmen ergriffen werden, um langfristig etwas dagegen zu unternehmen. Auch der Gang zu einem Therapeuten ist keine Schande und kann unterstützend zum Kampf gegen die Angst vor dem freien Sprechen beitragen.
Die hier genannten Tipps sollten alle miteinander kombiniert werden. Je nachdem, welche Tipps du am hilfreichsten findest, solltest du versuchen diese ebenfalls in deinem Alltag umzusetzen. Stelle dich also wöchentlich ein paar kleinen Herausforderungen, welche dich aus deiner Komfortzone bringen. Nur so stärkst du deine innere Einstellung und merkst irgendwann, dass viele Situationen gar nicht so negativ behaftet sind, wie man sich im Vorfeld immer denkt – das gilt irgendwann dann auch für Präsentationen, Vorträge oder das freie Sprechen vor einer Menschenmenge.
Wie sind eure Erfahrungen mit dem Thema Präsentationsangst und habt ihr weitere hilfreiche Tipps, wie ihr diese bewältigt habt? Lasst es uns gerne in den Kommentaren wissen! 🙂